Verfassungsschutz abschaffen!

Zehn Menschen hat der „Nationalsozialistische Untergrund“, der NSU, zwischen 2000 und 2007 ermordet: neun MigrantInnen und eine Polizistin.

Trotz eines umfangreichen Einblicks in die militante rechte Szene aufgrund einer Vielzahl von V-Personen haben die Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern die Mordserie des NSU nicht aufgedeckt. Sogar im direkten Umfeld des NSU-Trios gab es Spitzel. Für die Bekämpfung rechten Terrors waren die VS-Ämter also mindestens nutzlos, wahrscheinlich sogar hinderlich. Auch im Nachhinein hat der Verfassungsschutz die Aufklärung aktiv behindert – durch Aktenschredderei oder durch Aussageverbote vor Gericht und in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen.

Auch der Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags zur Aufarbeitung der rechtsterroristischen NSU-Mordserie machte zum Ende seiner Arbeit dem VS schwere Vorwürfe: ahnungslose Verfassungsschützer, ineffiziente Strukturen, ein fragwürdiger Umgang mit V-Leuten, unzureichende Zusammenarbeit der Behörden sowie fehlende Offenheit bei den Ermittlungen.

Die Unfähigkeit und die Strategie aktiver Vertuschung im Zusammenhang mit dem NSU-Terror haben deutlich gemacht: Der Verfassungsschutz schützt nicht unsere Verfassung, sondern ist eine Gefahr für die Demokratie. Der Glaube, man könnte den Verfassungsschutz demokratisch kontrollieren, ist eine Illusion. Im Zweifel verhindert der Geheimschutz immer wieder, dass unlautere Machenschaften ans Tageslicht kommen. Vertuschung wird zur Regel.

Das V-Mann-Wesen führt dazu, dass Nazis oder andere Hass verbreitende Menschen mit öffentlichen Mitteln finanziert werden und dass die Grenzen zwischen staatlichem Handeln und der menschenverachtenden Propaganda und offener Gewalt von Nazistrukturen verschwimmen. Folge ist ein unkontrolliertes Eigenleben, das sich bei der Zusammenarbeit zwischen Staat und V-Personen entwickelt. Der mit dem V-Leute-Wesen zusammenhängende Quellenschutz behindert die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und die Aufarbeitung von Missständen oder Versagen in denselben.

Immer wieder wird der Verfassungsschutz politisch motiviert als Instrument gegen unliebsame, oft links stehende Organisationen und Bewegungen eingesetzt. Im Bund und in einigen Bundesländern wurden und werden auch Mitglieder und Mandatsträger der Partei Die Linke und ihrer Strukturen beobachtet und damit diskreditiert. So auch der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband (SDS). Dadurch entstehen Hindernisse für Mitglieder oder Sympathisanten desselben, z.B. bei einer Anstellung an der Universität, auch in Augsburg.

Wir wollen den Verfassungsschutz bundesweit abschaffen. Er ist durch Institutionen zu ersetzen, die ohne nachrichtendienstliche Mittel neonazistische, rassistische und antisemitische Einstellungen und Bestrebungen sowie sonstige Erscheinungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit dokumentieren und Strategien dagegen entwickeln. Auch zur Verhinderung islamisch motivierter Gewaltakte bedarf es zuverlässiger, effizienter Strukturen, die sich demokratisch kontrollieren lassen. Wir wenden uns auch gegen immer neue Befugnisse und Datenbanken, die die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten aufweichen.

Wir halten es für höchst problematisch, dass dieser Verfassungsschutz an der Universität Augsburg für sich werben darf.

Hinterlasse einen Kommentar